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Buchbesprechung von Hendrik Neubauer:

Ich sah das Buch „Catfish“ und habe mich als erstes in das Cover verguckt. Es zeigt ein Foto von Judy Linn mit dem Titel „Als Patti Smith Bob Dylan spielte“ aus dem Jahr 1970. Linns wichtigstes Stilmittel sei der Moment des Zufalls, in dem die Kameralinse einen anderen Blick auf die Welt ermöglicht. So lese ich irgendwo. Scheinbare Zufälle machen auch den Bob-Dylan-Roman von Maik Brüggemeyer aus, auch sein Erzählen ermöglicht einen anderen Blick.

Schon wieder Bob Dylan. Der Autor, Rolling-Stone-Redakteur, sucht den Sänger, der Jahr für Jahr immer wieder für den Literatur-Nobelpreis gehandelt wird. Dabei stochert Brüggemeyer nicht in biografischen Details. Er untersucht die Identitäten, die Dylan im Verlauf seiner langen Karriere immer wieder gewechselt hat. Er sampelt Zitate und Anedoten. Er nimmt den Leser mit auf eine Reise nach Amerika. Auf dem Flug trifft er auf einen Bob-Dylan-Hasser. „Ich bin amerikanischer Staatsbürger, und ich bin stolz darauf (...) Ich habe mit diesem Anarchisten nichts zu tun.“ In den USA begegnet der Ich-Erzähler dann skurrilen Dylan-Typen an Dylan-Orten. Orten wie im Greenwich Valley, durch die der Poet im Laufe seines Lebens durchgezogen ist. Dort hat er Spuren und Erinnerungen hinterlassen. „Dies ist keine Biografie über den Songwriter Bob Dylan, sondern ein Roman. Alle hier im Buch beschriebenen Begegnungen sind frei erfunden.“ Diesen Hinweis Anfang des Buches behält der Leser besser im Hinterkopf, wenn er die Dialoge liest, in denen philosophische Fragen und Paradoxien ihre Muskeln zeigen, ohne zu dick aufzutragen. Wer jedoch Eindeutigkeiten liebt, der ist bei Dylan sowieso an der falschen Adresse.

 Ein weiteres Dylan-Buch mit über weiten Strecken brillianten Passagen, das ist „Catfish“. Dylan erscheint im Spiegel eigener Aussagen und in profunden Deutungen des Erzählers. „Viele Äußerungen und Dialoge sind erfunden.“ Auch das steht noch in dem bereits erwähnten Hinweis. Das wird viele Dylanologen abstoßen. Leser, die jedoch nur ein paar Dylan-Alben im Schrank haben, sollten den Roman aber auf jeden Fall lesen. Sie bekommen eine konsistente Idee eines sehr komplexen Gesamtwerks, das in der Brüggemeyerschen Sicht davon lebt, dass der Poet wie ein Revue-Star die Egos wechselt. War er wirklich ein Welterklärer oder hat er immer nur die richtigen Fragen gestellt? „Catfish“ gibt eine Antwort.

 Soweit so gut. Die Amerika-Tour des Erzählers endet allerdings abrupt, zu abrupt. Der Abschied von den selbst erschaffenen Typen wie Pat im „Bitter End“, einem Club in New York, wird verschenkt.  Stattdessen kehrt der Autor in seinen profanen Redakteursalltag zurück.  „Du bist der letzte (...) denk dran, die Alarmanlage anzustellen, wenn du gehst.“ Zu seiner Stärke findet der Roman im Kapitel „Ihmchen“ zurück. Eine skurrile Episode aus dem Berliner Nachtleben mit einem dylanesken Typen, der den Begegnungen in Amerika in nichts nachsteht.

 Dylan lebt. In Hunderten von Metamorphosen. Und sei es in dem Buchcover mit Patti Smith, die für einen Moment vor der Kamera Bob Dylan spielte. Im Text hat die Sängerin nur einen Kurzauftritt. Oder täusche ich mich da. Ganz so sicher bin ich mir bei „Catfish“ nicht. Und das ist kein Zufall. „How does it feel?“ Von kleinen Mäkeleien abgesehen, geht Brüggemeyers Roman schlußendlich voll auf.  Vom Cover, das jeder LP zur Ehre gereicht hätte, über das Narrativ bis hin zum Serviceteil, der die Images aller erschienenen Dylan-Alben bespricht.

22,00€

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Notiz zum Autor dieser Gastrezension:

Hendrik Neubauer veröffentlich seit Mitte der 1990er-Jahre Sachbücher zur Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts, die in bis zu sechs Sprachen übersetzt worden sind.  Gemeinsam mit Arnd Rüskamp schreibt er seit mehreren Jahren Küstenkrimis. Nach „Tod am Strand“ und „Die Schlei-Diva“ arbeiten die beiden Autoren nun am dritten Fall, der im Sommer 2016  erscheint. Neubauer wohnt nach zwei Jahrzehnten an Rhein und Ruhr wieder in der Nähe von Kiel.

Buchbesprechung von Martin Jaworski:

"Eure Väter, wo sind sie? Und die Propheten, leben sie ewig?" von Dave Eggers:

Aufgrund der Kürze des Buches habe, selbst ich, als eher langsamer Leser, dieses Buch recht schnell durchgelesen. Es ist ein sehr amerekanisch geschirebenes Buch. Der Prodagonist, Thomas, der nach und nach Bekannte, Prominente und selbst seine eigene Mutter in  Gebäude eines verlassenen Militärstützpunktes ankettet und befragt kommt sehr komisch rüber. Einerseits sieht er sich als einen Mann mit Moral und andererseits bringt und immer wieder neue Menschen an den Ort und sperrt sie ein. Es geht in meinem Augen um die jungen Männer in Amerika, die in Ihrem Leben keine echte Chance erhalten haben aus Ihrem Leben etwas zu machen und Thomas meint es sei die Schuld der Regierung.
Zunächst holt er einen Astronauten, der alles dafür getan hat ins All zu fliegen und dann am Ende seiner Ausbildung festellen muss, dass die NASA das Projekt aus Kostengründen einfrieren lässt. Dies findet Thomas unverzeilich. Als zweites holt er einen körperlich behinderten alten Politiker, mit dem er über das Projekt spricht. Schließlich hat der Politiker eine Mitschuld an dem Einfrieren des Projektes. Es kommen für Thomas immer mehr neue Fragen auf, die ihn dazu bewegen weiter Menschen anzuketten. Er schnappt sich einen Polizisten, der, wie sich später rausstellt, bei der "Hinrichtung" seines besten Freundes dabei war. Thomas versucht zu verstehen warum sein Freund getöten werden musste und scheint einen kurrupten Fall der Polizei sowie des Krankenhauses, in dem sein Freund verstorben ist, aufzuklären.
Aus heiterem Himmel trifft Thomas nahe des Stützpunktes am Strand eine Frau, in der er sich verliebt. Thomas bleibt nicht mehr viel Zeit, da alle Personen von der Polizei gesucht werden, bis er auffliegt. Auch diese Frau sperrt er ein und versucht mit ihr ein neues Leben nach der Flucht in Mexiko anzufangen....
Fazit: Das Buch hat sich sehr leicht gelesen kommt aber bei Weitem nicht an "Hologramm für den König" und "The Circle" ran. Es bleibt eine kleine Gute Nacht-Laktüre.

18,99€

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Buchbessprechung von Daniela Brose.

Bloggerin von Brösels Bücherblog:

"Mein Herz und andere schwarze Löcher" von
Jasmine Warga:

Aysel ist depressiv und möchte ihrem Leben ein Ende setzen, denn ihr Herz ist wie ein schwarzes Loch, das alles Glück aufsaugt und keinen Lebenssinn mehr übrig lässt. Im Internet lernt sie Roman kennen, der der perfekte Komplize für ihr Vorhaben zu sein scheint. Während die beiden ihr Ableben planen, merkt Aysel jedoch wie sehr sie sich auf die Treffen mit ihm freut und zu welchem hellen Licht ihr Herz fähig ist. Zwei Menschen, die den Tod möchten und stattdessen Liebe bekommen.

Dieses.Buch.muss.man.gelesen.haben! Ich schreibe es schon mal vorab, da ich befürchte, für 'Mein Herz und andere schwarze Löcher’ nicht die ebenbürtigen Worte zu finden. Die Krankheit Depression ist auch heute noch nicht in unserer Gesellschaft als solche angekommen und Betroffene kämpfen neben den ohnehin schwierigen Symptomen, stets mit Vorurteilen oder gar Ablehnung. Das Debüt von Jasmine Warga macht mit ihrer Geschichte absolut deutlich, weshalb sich Erkrankte genau wegen dieser Ängste meist nicht öffnen, die „schwarze Qualle“ in sich wabern lassen und sich keine professionelle Hilfe holen. 

Dieses Buch hat neben dem aufrüttelnden Part aber noch viel mehr auf Lager, denn Aysels Gedanken, weshalb sie die Dinge so sieht, wie sie sie eben sieht, sind teilweise so grotesk, dass man trotz der tragischen Geschichte oft lächeln muss. Das Positive und große Ganze ist die Liebesgeschichte von ihr und Roman, welche zart, verheißungsvoll, lebensbejahend, skurril und gleichzeitig so voller Herz ist, dass es Gänsehaut hervorruft.

"Ein lesenswertes Drama, mit eleganter Balance aus Humor und bewegenden Tiefgang."

Obwohl nur das junge Mädchen in der Ich-Form erzählt und Roman beschreibt, merkt man sehr gut, wie unterschiedlich ausgeprägt die Krankheit in den beiden Köpfen wütet. Aysel ist nicht nur gegenüber ihrer Umwelt abweisend und sarkastisch, sondern allen voran sich selbst. Der Aufbau, mit allen emotionalen Höhen und Tiefen, wird von einem unverbesserlichen Abschluss getoppt – es könnte tatsächlich nicht besser erzählt sein. Ein lesenswertes Drama, mit eleganter Balance aus Humor und bewegenden Tiefgang.

Dieses Buch lässt einen lachen, weinen, hoffen und macht Betroffenen gleichzeitig Mut, sich seinen Nahestehenden zu öffnen und nach Hilfe zu fragen.

Ein tiefgehendes Jugendbuch, das eine schockierende, dennoch authentische Brücke zwischen Jung und Alt bildet und Betroffenen sowie Angehörigen die Krankheit Depression besser verstehen lässt. Ein Buch, das so viel mehr als eine Liebesgeschichte beinhaltet und sich auf den Spitzenplätzen meiner Lieblingsbücher verewigt hat.

16,99€

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Zur Besprechung im Blog Brösels Bücherregal

„Das dunkle Kind“ von Margaret Forster:  Besprechung von Silke Brammer
(Silke Brammer, eine liebe Kundin, die in Belgien lebt, aber ihre Wurzeln in Kiel hat und uns die Treue hält) :

Laut Klappentext wurde das Buch „Das dunkle Kind“ von Margaret Forster in der Brigitte als Familienroman umschrieben. Ich persönlich finde diese Bezeichnung nicht wirklich zutreffend, denn unter einem Familienroman stelle ich mir eine heitere, humorvolle Geschichte mit fröhlichen Kindern, Eltern und vielleicht Großeltern vor, in der zwar nicht ausschließlich, aber doch ab und an lustige Dinge passieren. Der Roman von M. Forster ist jedoch eher düster-traurig. Die Hauptperson, Julia, arbeitet als Kinderpsychologin mit Kindern, die in irgendeiner Weise verhaltensauffällig sind, weil sie lügen, stehlen, gewalttätig sind gegenüber ihren Geschwistern, weglaufen oder sonst ihren Eltern erhebliche Sorgen bereiten. Parallel dazu wird Julias eigene Geschichte erzählt. Sie wächst allein bei ihrer Mutter auf. An ihren Vater, der schon früh verstorben ist, hat sie keine Erinnerung mehr. Die Mutter selbst führt ein recht einsames und freudloses Leben und behandelt Julia mit der für die Zeit wohl typischen Strenge und Autorität. (Die Handlung ist wohl etwa in den 60er Jahren angesiedelt). Das Kind soll sich möglichst ruhig und unauffällig Verhalten und keine unnötigen Fragen stellen. Auf einschneidende Erlebnisse wie etwa der Umzug nach Manchester wird Julia in keiner Weise vorbereitet, nichts wird ihr erklärt. Als Julia acht Jahre alt ist, darf sie immerhin auf der Hochzeit ihrer älteren Cousine Iris Brautjungfer sein. Später besucht sie die Familie ihrer Tante und Cousine oft und wird regelmäßig gebeten, auf Iris Baby aufzupassen. Doch dann kommt es zu einem tragischen Zwischenfall. Julia unternimmt eine heimliche Spazierfahrt mit dem Kinderwagen, wobei dieser umkippt. Kurz darauf stirbt das Baby.

Ob es sich tatsächlich „nur“ um einen Fall des plötzlichen Kindstods handelt oder ob der Sturz im Kinderwagen vielleicht doch ursächlich war für den Tod des Babys, bleibt lange unklar. Und so wird Julia, die niemandem erzählt, was passiert ist,  von ihrem schlechten Gewissen geplagt. Es ist für sie ein Schlüsselerlebnis, das ihr späteres Verhalten auf unheilvolle Weise beeinflusst. Denn als auch ihre Mutter stirbt, wird Julia in Iris Familie aufgenommen und lebt dort zusammen mit deren Mann Carlo und den beiden Töchtern. Doch obwohl die Familie sehr liebevoll ist, fühlt Julia sich dort nie wirklich zu Hause und erweist sich als ziemlich undankbar. Sie begeht heimlich kleine Diebstähle, ist sehr gemein zu ihren Großcousinen und spinnt boshafte Intrigen gegen Carlo.Es wundert den Leser dann auch nicht, dass Julias Vergangenheit und die lange verdrängten Schuldgefühle sie eines Tages einholen. Diese Entwicklung wird natürlich durch Julias Arbeit mit den verhaltensauffälligen Kindern ausgelöst.  Obgleich durchaus Parallelen zwischen dem früheren Verhalten Julias und den Problemen der Kinder erkennbar sind, mit denen Julia im Rahmen ihrer gegenwärtigen Arbeit konfrontiert wird, sind die Erzählstränge der Gegenwart und der Vergangenheit nicht wirklich miteinander verwoben, sondern stehen eher verbindungslos nebeneinander. Dies mag durch die Autorin beabsichtigt sein, vielleicht um den Leser zu eigenem Nachdenken anzuregen. Ich hätte mir jedoch eine etwas geschicktere Verknüpfung der beiden Handlungsstränge gewünscht. Dennoch ist es ein zutiefst berührendes Buch. Margaret Forster lässt uns in die Abgründe kindlicher Seelen schauen.  Ein Roman, der einen sehr nachdenklich stimmt und einen sicher nicht so schnell loslässt.

Silke Brammer (Dezember 2014)

22,95€

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Michel Bussi: „Das Mädchen mit den blauen Augen“

Besprechung von Silke Brammer:

Ein Flugzeugabsturz im französischen Jura nahe der Schweizer Grenze. Es gibt nur eine Überlebende, ein Kind, ein sehr kleines Kind, nur wenige Monate alt – das Mädchen mit den blauen Augen. Normalerweise wäre es natürlich kein Problem, anhand der Passagierliste die Identität des Kindes festzustellen, wenn es nicht der Zufall wollte, dass an Bord derselben Maschine noch ein zweites Kind war, auch ein Mädchen und tatsächlich im selben Alter. Welche von ihnen hat nun überlebt? Emilie oder Lyse-Rose? Eine DNA-Analyse gibt es noch nicht. In einem von den Großeltern angezettelten Sorgerechtsstreit entscheidet der Richter auf der Grundlage einiger zweifelhafter Indizien: die Überlebende ist Emilie; Lyse-Rose ist tot. Daraufhin engagiert die Großmutter von Lyse-Rose den Privatdetektiv Grand-Duc, der jeder möglichen Spur nachgehen und die Wahrheit ans Licht bringen soll. Aber kann es je Gewissheit geben?

18 Jahre später. Grand-Duc überlässt der jungen Emilie das Heft mit den detaillierten Aufzeichnungen seiner Recherchen. Er will aus dem Leben treten, weil er das Rätsel ihrer Identität in all den Jahren nicht hat lösen können. Emilie gibt das Büchlein an ihren Bruder Marc weiter und verschwindet. Noch im Café, wo er sich mit Emilie getroffen hatte, beginnt Marc, die Aufzeichnungen zu lesen. Und er fängt an, sich große Sorgen zu machen, weil er seine Schwester nicht erreichen kann und fürchtet, dass sie etwas Schreckliches tun könnte. Darum beschließt er, sich selbst auf Spurensuche zu begeben.

Was nun folgt ist eine aufregende und äußerst spannende Jagd nach der Wahrheit. Dabei wird der Leser Mal um Mal auf die Folter gespannt. Denn ihm erschließen sich die Ereignisse der vergangenen 18 Jahre nur häppchenweise während Marc in dem Büchlein von Grand-Duc liest. Doch Marc muss seine Lektüre immer wieder unterbrechen, etwa weil er Metro fährt und umsteigen muss, weil er Lyse-Roses Großeltern, die eine zwielichtige Rolle spielen, aufsuchen will und darum das Heft vorübergehend in einem Schließfach deponiert oder weil Lyse-Roses verrückte Schwester Malvina, die auch noch bewaffnet ist, ihn verfolgt … . Zugleich gerät Marc zunehmend unter Zeitdruck, weil er inzwischen weiß, was Emilie vorhat – um was es dabei geht, kann an dieser Stelle natürlich nicht verraten werden – und glaubt, sie nur davon abhalten zu können, wenn er schnell herausfindet, was vor 18 Jahren wirklich passiert ist. Nach mehreren Leichen und einigen falschen Fährten reist Marc schließlich an den damaligen Unglücksort im französischen Jura. Aber wird er dort des Rätsels Lösung finden können?

BUSSI hat nicht nur eine originelle Geschichte ersonnen, sondern erzählt diese auch auf sehr originelle Weise. Die Rückblenden auf die Geschehnisse der vergangenen 18 Jahre, geschildert aus der Sicht des Privatdetektivs, werden angereichert mit den eigenen Erinnerungen von Marc. Einige zunächst gar nicht so mysteriös erscheinende Ereignisse werden in ein anderes Licht gerückt und Marc muss erfahren, dass manches in Wahrheit doch anders war als er geglaubt hatte. Dass der Haupterzählstrang – Marcs Erlebnisse bei seiner Suche nach der Identität Emilies – immer wieder den parallelen Erzählstrang über die von dem Privatdetektiv 18 Jahre lang geführten Recherchen unterbricht, sorgt für immense Spannung, zumal Grand-Duc einigen dunklen Geheimnissen auf die Spur gekommen bzw. selbst darin verstrickt ist.

Und der Leser erlebt wirklich eine Berg- und Talfahrt: Glaubt man in dem einen Moment noch zu wissen, wer Emilie wirklich ist, scheint im nächsten Moment wieder alles ganz anders zu sein. Und wie es sich für einen guten Roman gehört, erfolgt die überraschende Entschlüsselung erst ganz am Ende. Ich hatte ehrlich gesagt überhaupt keine Ahnung, wie die Sache ausgehen würde.

In diesem Sinne - viel Spaß beim Lesen!

Silke Brammer

14,99€

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Silke Brammer, eine liebe Kundin, die in Belgien lebt, aber ihre Wurzeln in Kiel hat und uns die Treue hält schreibt über:

M.L. STEDMAN :  „Das Licht zwischen den Meeren“

(Limes Verlag 2013)

1926. Eine kleine Insel irgendwo weit draußen vor der Küste Australiens auf der Grenze zwischen Indischem Ozean und südlichem Polarmeer. Hier leben Tom und seine Frau Isabel, schon seit 6 Jahren, in nahezu völliger Abgeschiedenheit von der Welt, die nur alle drei Monate durch die Ankunft eines Versorgungsschiffes unterbrochen wird. Es gibt keine anderen Menschen, denn es ist eine Leuchtturminsel, auf der Tom seinen Dienst als Leuchtturmwärter verrichtet. Mit viel Liebe zum Detail beschreibt Stedman die Technik des Leuchtfeuers und die Routine des Leuchtturmwärters: den hochgelegenen Laternenraum, die besondere Qualität und genaue Funktion der Linse, das tägliche Anzünden der Lampe, die feinsäuberliche Dokumentation im Protokollbuch. Der Leser spürt die Bewunderung und den Respekt, die Tom für diese technische Errungenschaft empfindet, welche seinerzeit die Sicherheit der Schifffahrt garantieren sollte.

Verlässlichkeit ist dafür natürlich von entscheidender Bedeutung. Und somit erfüllt Tom, der die Arbeit und Rituale auf dem Leuchtturm sehr liebt, seine Aufgaben andächtig und mit akribischer Sorgfalt. Nur manchmal fragt er sich, ob es richtig war, Isabel zu einem Leben an diesem einsamen Ort zu verdonnern. Aber die beiden sind glücklich in ihrer Zweisamkeit, wenn nur auch ihr Kinderwunsch in Erfüllung gehen würde. Mit poetischer Sprache und großer Einfühlsamkeit beschreibt die Autorin, dass Isabel nach drei Fehlgeburten – die letzte liegt erst zwei Wochen zurück –  gar nicht anders kann als das Neugeborene, das eines Tages scheinbar als ein Geschenk Gottes in einem kleinen Ruderboot angespült wird, in dem auch die Leiche seines Vaters liegt, in die Arme und ins Herz zu schließen. Mit sanftem Druck bringt Isabel ihren Mann, der die tiefe Verzweiflung und Trauer seiner Frau nach jeder der Fehlgeburten noch allzu gut vor Augen hat, dazu, den vorgeschriebenen Eintrag im Protokollbuch zu unterlassen und kein Notrufsignal abzusenden. Daheim auf dem Festland wussten doch alle, dass Isabel schwanger ist. Niemand würde also etwas merken, wenn sie das Kind, die kleine Lucy, einfach behielten. Alles würde gut werden.

Doch dann stellt sich heraus, dass die wirkliche Mutter ausgerechnet aus demselben Ort kommt, aus dem auch Isabel stammt, quasi aus der Nachbarschaft. Sie sucht seit Jahren verzweifelt nach dem vermissten Mann und Kind. Gleichzeitig macht Tom sein schlechtes Gewissen zu schaffen. Und eines Tages, während eines Besuchs auf dem Festland, begegnen Isabel und Tom Lucys echter Mutter auch noch persönlich. Spätestens an dieser Stelle ahnt der Leser, dass die Sache vielleicht doch nicht gut gehen wird. Und in der Tat, Idylle, Sanftheit und Liebe, die bis dahin tragenden Themen der Handlung, werden allmählich abgelöst durch Verzweiflung, Enttäuschung und Ablehnung. In der Folge entwickelt sich der Roman zu einer ebenso herzergreifenden wie spannenden Geschichte, in der es vor allem um Verantwortung, Reue und die Schwierigkeit zu verzeihen geht. Dabei erinnert die meisterhafte Erzählkunst Stedmans stellenweise an die von Isabel Allende.

Ein Erstlingswerk, ja, aber eines, das seinen Leser sicher nicht enttäuscht. Ein wundervoller Roman über eine unerschütterliche Liebe, grenzenlose Opferbereitschaft und großmütigen Verzicht und das alles mit großer Intensität erzählt. Ich wünsche mir, dass aus der Feder dieser Autorin noch viele so hervorragende Werke fließen mögen.

ab 9,99€

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Silke Brammer, eine liebe Kundin, die in Belgien lebt, aber ihre Wurzeln in Kiel hat und uns die Treue hält schreibt über: 

"Die Frau des Botschafters" von Stefan Moster:

 

"Mein Lesetipp für diesen Winter:

In welcher europäischen Hauptstadt (abgesehen von Moskau) kann man sich den Winter mit Schnee und Eis, zweistelligen Minusgraden und einem zugefrorenen Meer, auf dem man unbesorgt spazieren laufen kann, eindringlicher vorstellen als in Helsinki. Und hier beginnt auch Stefan Mosters Roman "Die Frau des Botschafters" (mareverlag 2013, 317 S.), ein einfühlsames Buch über Liebe und Freundschaft. Im Mittelpunkt stehen Oda, Diplomatengattin, und Klaus, ein finnischer Fischer. Klaus beobachtet Oda dabei, wie sie auf dem Steg, der zum Gelände der deutschen Botschaft in Helsinki gehört, einen recht vergeblichen Angelversuch unternimmt (die Ausrüstung ist ein Geschenk des schwedischen Botschafters an seinen deutschen Amtskollegen, Odas Gatten). Daraufhin hinterlässt Klaus der Botschaftergattin regelmäßig einen frisch gefangenen Fisch auf dem Steg. Neugierig geworden, wem sie diese seltsamen Gaben zu verdanken hat,  passt Oda Klaus eines Tages am Steg ab, und auf ihre Frage, warum er ihr die Fische bringe, antwortet er:".Wer nicht angeln kann, braucht einen, der es für ihn tut. So wie einer, der nicht laufen kann, einen braucht, der ihn im Räderstuhl schiebt". Man könnte sagen, dass dieser Satz der Beginn einer wunderbaren Freundschaft ist, der Freundschaft zwischen Oda und Klaus, diesen augenscheinlich sehr ungleichen Menschen. Aber nach und nach wird deutlich, was beide verbindet. Jeder von ihnen hat eine schwere Last in seinem Leben zu tragen und sie können einander dabei helfen, mit dieser Last fertig zu werden. Dabei entwickelt Moster die Geschichte dieser ungewöhnlichen Freundschaft sehr behutsam. Nur ganz allmählich nähern sich die beiden Protagonisten aneinander an. Nur Stück für Stück werden Klaus' dunkles Geheimnis und Odas schwere Bürde dem Leser offenbart. Dennoch ist die Erzählung zu keinem Zeitpunkt  langatmig oder schleppend. Im Gegenteil, unter anderem durch das geschickte Einflechten eines zunächst ganz und gar im Hintergrund bleibenden Erzählers, der jedoch letztendlich direkt in das Geschehen involviert wird, gelingt es Moster, Spannung zu erzeugen und stätig aufrecht zu erhalten. 

Im Übrigen ist Moster ein sehr genauer Beobachter und besticht durch seine exakten Schilderungen, wobei er sich einer sehr eleganten, keinesfalls umständlichen Sprache bedient. Faszinierend ist beispielsweise die Beschreibung eines Botschaftsempfangs zum Tag der deutschen Einheit. Präzise und mit sanfter Ironie beschreibt Moster alle Details: die dargereichten Häppchen, die verschiedenen Gruppierungen, die sich ganz von allein bilden (der Erzähler ordnet sich selbst dem "Volk der Unwesentlichen" zu, während er die Vertreter der Wirtschaft als das "Epizentrum des Empfangs" bezeichnet), bis hin zur Art der gepflegten Konversation bzw. den belanglosen Plaudereien der geladenen Gäste. Man kann sich sehr gut vorstellen, dass der Autor selbst schon einmal auf einem solchen Empfang in eben dieser Botschaft zugegen war. (Er lebt schließlich  mit seiner Familie in Finnland.) Oda hat zu dem Empfang auch Klaus eingeladen und der finnische Fischer mit seiner roten Mütze scheint so gar nicht in diese Gesellschaft zu passen. Aber Klaus überrascht alle, nicht zuletzt den Leser. Denn er spricht nicht nur fast fehlerfrei Deutsch, sondern kann auch Theodor Storm zitieren. So beeindruckt er die Umstehenden, schmeichelt ihnen mit seiner unverhohlenen Bewunderung für alles Deutsche und unterhält auf amüsante Weise die gesamte Gruppe der "niederen Chargen", zu der Oda ihren Gast geführt hatte. Von nun an treffen sich Oda und Klaus häufiger. Schließlich schmiedet Oda einen abenteuerlichen Plan, der irgendwie auch Klaus‘ Vergangenheit betrifft. Und gemeinsam machen sie sich daran, diesen Plan in die Tat umzusetzen ... 

Ein sanfter, stiller Roman für die langen Winterabende, die sicher noch kommen werden."

19,90€

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